Wir trafen erstmalig auf Herrn Arthur Peltzer, als wir mit der HECHTSCHIP-Werft über den Kauf einer Segelyacht vom Typ Hechtschip-H995 verhandelten.
Er war der Konstrukteur und wurde von der Werft hinzugezogen, um die Machbarkeit unserer Vorstellungen zu beurteilen. Es zeigte sich schnell, dass sich alle unsere Wünsche problemlos umsetzen ließen.
Unsere Vorstellungen zur Raumaufteilung: Kein Problem, geringerer Tiefgang (kleiner 1,8 m), da wir die Kanäle der „Stehenden Mastroute“ in den Niederlanden befahren wollten: Kein Problem.
Radar, Stufen im Mast, kein Saildrive-Antrieb, sondern YANMAR-Motor mit konventioneller Wellenanlage, Badeplattform, alles kein Problem.
Und so wurden wir mit der HECHTSCHIP-Werft vertragseinig. Herr Arthur Peltzer zeichnete die neue Raumaufteilung, berücksichtigte unsere sonstigen Änderungen und konstruierte einen neuen Kiel, obwohl es bereits einen Kiel, Typ-B, für geringen Tiefgang (1,75 m) gab. Unser Boot sollte jetzt einen Tiefgang von 1,70 m bekommen. Laut einer Mail von Herrn Arthur Peltzer an die Werft: „Prestaties zijn beter dan B“. Also bessere Eigenschaften als Typ-B.
Prima, den Kiel haben wir bestellt, obwohl er etwas teurer werden sollte als der von Typ-B.
Nach der Bestellung haben wir den Kiel bezahlt (leider). Er wurde weder bestellt noch geliefert und die Werft ging in Konkurs.
Wie kommen wir jetzt zu einem passenden Kiel.
Freundlicher Weise half uns „Westland-Boats“ aus Terneuzen weiter. Die Firma gehörte dem Vater von Herrn Arthur Peltzer. Er kannte den Kielbauer aus England, der die Kiele für die anderen Hechtschip‘s - und die GT-33, eine Wood Core Ausführung der H995 -geliefert hatte.
Also, neuer Auftrag an „Westland-Boats“ und der Kiel kam wie verabredet, im Mai 2006, auf der Werft in Delfzijl an.
Voller Freude betrachteten wir den Kiel und dabei ich hatte den Eindruck, dass die Kielbolzen etwas kurz geraten sein könnten.
Das Nachmessen zeigte, sie waren zu kurz, viel zu kurz!
Außerdem stellten wir fest, dass die Bolzen andere Abstände, als die Wrangen im Boot hatten!
Auch der Flansch, mit dem der Kiel am Rumpf befestigt werden sollte, war gerade und folgte nicht der Krümmung des Rumpfes!
Ein Werftmitarbeiter meinte, dass der Kiel aber recht klein sei und die Bolzen mit 16 mm Durchmesser etwas dünn für ein 10 m Schiff seien.
Aber unser Vertrauen zu Herrn Arthur Peltzer war weiterhin ungebrochen und wir meinten, das sei so ok. Der Konstrukteur habe es so berechnet.
Auch gelegentliche Werftbesucher meinten „der Kiel ist aber klein“ ... Und noch immer gingen keine Alarmglocken bei uns an.
Was die Bolzen betraf, so zeigte sich sehr schnell, dass Herr Arthur Peltzer die falsche Zeichnung zum Kielbauer geschickt hatte. Und was die Biegung des Kielflansches anging: Weil Herr Arthur Peltzer‘s Computer zu lange hatte rechnen müssen, hatte er auch an die Hechtschip-Werft immer nur Zeichnungen mit flachem Flansch geschickt. Zumindest sagte das eine Mail, die uns heute vorliegt. Immer noch keine Alarmglocken.
Wir einigten uns mit „Westland-Boats“, erhielten eine kleine Gutschrift, bohrten neue Löcher an den richtigen Stellen in den Kiel und schnitten neues Gewinde für 20 mm Bolzen. Etwas mehr im Durchmesser konnte nicht schaden. Die alten Bolzen hatten Gewinde mit 16 mm Durchmesser. Mit Hilfe eines Winkelschleifers passten wir den Kielflansch an die Kontur des Rumpfes an. Arbeitszeitaufwand: Zwei Tage.
Für das Jahr 2013 hatten wir mit dem Boot die erste, größere Reise geplant.
Um sicher zu gehen, dass alles funktioniert, ließen wir die Yacht am 21.Oktober 2012 erstmals zu Wasser. Spät, aber sollte etwas nachgebessert werden müssen, so blieb noch Zeit bis zur nächsten Saison.
Gespannt waren wir auf die Luv/Lee Gierigkeit des Bootes. Immerhin hatten wir einen unerprobten Kiel und die Starkwind-Fock an einem Kutterstag war auch noch nicht getestet.
Schon auf dem kurzen Weg von der Werft durch die Schleuse, zum Liegeplatz in der Marina, benahm sich die Yacht „ungewöhnlich“. Wir hatten vor unserer OVNI-30 schon einige unterschiedliche Boote gechartert, aber die H995 krängte doch erstaunlich schnell.
Und das nur unter Maschine, ohne Segel, bei nicht zu eng gefahrenen Kurven.
Immer noch keine Alarmglocken!
Am nächsten Tag kam die Probefahrt. Wir waren zu viert, meine Frau, ein Freund ohne Segelerfahrung, ein weiterer, der bereits mehrfach auf dem Atlantik unterwegs war und ich.
Wir segelten im Hafen von Delfzijl. Wind aus Süd-West, Stärke 4-5, kein Seegang.
Neben dem Groß fuhren wir die 100 % Genua. Die Schoten dicht geholt und es ging los.
Weniger nach vorne, mehr so „nach unten“, die Yacht krängte enorm, Seewasser strömte bis an die Seitenscheiben des Deckaufbaus!
Wir schauten uns alle erschrocken an. Der Windmesser zeigte max. 20 kn in Böen, nichts Besonderes. Dennoch ein Reff ins Groß, kaum Verbesserung. Zweites Reff ins Groß und das Vorsegel ein Stück eingerollt: Immer noch Wasser an Deck.
Wir wollten eigentlich auf die Ems, trauten uns aber alle nicht mehr. Also Ende der Testfahrt.
Wir nahmen per Mail Kontakt mit Herrn Arthur Peltzer auf, schilderten das Erlebte und baten ihn um seine Meinung.
Schon nach kurzer Zeit kam die Antwort. Er konnte sich dieses Verhalten nicht erklären, zumal die beiden Schwesterschiffe mit 200 kg weniger Ballast, dieses Problem nicht hätten.
Wir sollten doch neben dem Gewicht des Bootes die Freibordhöhe vorn und achtern messen und ihm mitteilen.
Das haben wir gemacht und erhielten darauf die Information, dass unser Boot doch gut aussehe, so in dem klar Lack, aber es sei leider fast 1 Tonne schwerer als die Schwesterschiffe und das überwiegend achtern.
Das sollte aber kein Problem sein, da es ja auch länger geworden sei. (0,5 m oberhalb der Wasserlinie)
Vorschlag: Erst einmal 325 kg Innenballast einbringen, davon 100 kg vor dem Mast und weiter 75 kg noch weiter nach vorne (vor Schot-C), auch um das Boot in Längsrichtung besser auszutrimmen.
Danach müsste wahrscheinlich der Kiel an seiner Unterseite mit einer Bleiplatte versehen und an der Vorderseite eine Art Bleischuh angebracht werden.
Auf unsere Frage, wer die Kosten des Umbaus tragen müsse, bekamen wir zur Antwort, dass unser Boot signifikant von den Zeichnungen und Spezifikationen des H995 Entwurfes abweichen würde.
Das Boot sei länger, höher, schwerer und hätte einen anderen Deck- und Interieur-Entwurf.
Somit falle die Yacht nicht mehr unter die Type-Zertifizierung H995.
Die Änderungen seien ohne sein Wissen, oder seine schriftliche Zustimmung, sondern nur durch uns oder die Werft vorgenommen worden.
Hier verwechselte Herr Arthur Peltzer wieder mal etwas: Unser Boot war nicht höher, sondern die Baunummer 2. Wir sind im Besitz einer Zeichnung des Interieurs unseres Bootes, angefertigt von Herrn Arthur Peltzer.
Wären wir mit diesen Änderungen zu ihm, oder einem anderen Konstrukteur gekommen, so wäre klar gewesen, dass das Boot einen höheren Ballastanteil hätte haben müssen.
Herr Arthur Peltzer bot an, uns mit kostenlosem Rat und der Anfertigung kostenloser Zeichnungen zur Seite zu stehen. Auch hätte er bereits einige Ideen, wie man aus unserem Boot noch ein „angenehm segelndes“ Schiff machen könne.
In der Zwischenzeit hatten wir Kontakt mit den Eignern der Baunummern 1 und 2 aufgenommen.
Zu unserem Erstaunen zeigten ihre Boote ein ähnliches, instabiles Verhalten.
Schlimmer noch, Herr Arthur Peltzer kannte die Problematik und hatte bei einem Versuch einer Verbesserung mitgewirkt!
Interessanter Weise wurden genau die Maßnahmen angewandt, die er auch uns vorgeschlagen hatte, bis hin zu dem „Bleischuh“ (entsprechende Bilder liegen uns vor)
Herr Arthur Peltzer hob immer wieder auf das höheres Gesamtgewicht unseres Bootes, als Hauptursache der Probleme, ab.
Allerdings wogen auch die beiden Schwesterschiffe deutlich über 4 t, anstatt der berechneten 3,6 t.
Nicht zu vergessen die GT-33 seines Vaters. Nach unserem Wissen wurde auch ihr Kiel modifiziert.
Für uns war klar: Der Entwurf hatte ein Problem, nicht unsere Bauausführung.
Schlimmer noch, unser Vertrauen in Herrn Arthur Peltzer war erschüttert.
Dann kam noch eine besonders interessante Variante vom Nautisch-Centrum-Delfzijl (NCD): Um das Boot auszubalancieren sollten wir den Kiel einfach eine Bolzen-Reihe nach vorne versetzen.
Wir waren leicht erschüttert, hatte man hier noch nichts von einem Lateralplan gehört?
Na ja, Herr Arthur Peltzer ist halt der Haus- und Hofkonstrukteur für die neue Waarschip-Reihe beim NCD.
Also war auch hier keine echte Hilfe zu erwarten.
Wir entschlossen uns daher einen anderen, unabhängigen Konstrukteur zurate zu ziehen.
Unsere Wahl fiel auf Herrn Kees van de Stadt von Satellite-Design aus Zaandijk/NL.
Herr Kees van de Stadt hatte Erfahrungen im Bau ähnlicher Yachten, er hatte z.B. die Waarschip 1220 gezeichnet.
Als erstes hatte Herr Kees van de Stadt die Stabilität unserer H995 gemessen. Das Ergebnis war ernüchternd.
Es war klar, mit einer Kategorie-A, Hochseetauglichkeit, hatte unsere Yacht nichts zu tun.
Da wir weitere Testfahrten durchführen wollten, fragten wir bei unserem Versicherer nach, ob wir wenigstens im Hafen, oder einem Kanal segeln dürfen.
Aufgrund der vorgelegten Stabilitätskurve bekamen wir eine klare Antwort: Sollten wir mit diesem Boot fahren, dann sind wir nicht versichert, egal wo wir fahren!
Es half alles nichts, ein neuer Kiel musste her.
Um sicher (Hochsee) segeln zu können, hing das Bleigewicht an einem hohlen Stahlfinn in Form einer Bleibombe. Damit gelang es den Schwerpunkt möglichst weit nach unten und ausreichend nach vorne (des Längstrimms wegen) zu verlagern.
Zur Konstruktion benötigte Herr Kees van der Stadt Zeichnungen der H995.
Herr Arthur Peltzer schickte uns diese freundlicherweise zu und wieder waren wir verwundert:
Zeichnungen die Kielbefestigung betreffend, stimmten nicht mit unserer H995 überein.
Anstatt der vorhanden 5 Wrangen zeigten die Zeichnungen nur deren 3.
Na ja, Vertrauen hatten wir schon lange nicht mehr.
Aber wir waren sehr froh, dass die HECHTSCHIP-Werft seinerzeit solider gebaut, als es Herr Arthur Peltzer designend hatte.
Die Leute hatten halt langjährige Erfahrungen im Bau von Waarschip‘s und trauten dem LD- (Light-Deplacement) Bau wohl nicht so ganz. Klar, dass dann ein Boot auch schwerer wird, aber über 1 Tonne?
Dieses Mal beauftragten wir den Kiel direkt bei Schumacher in Rommerskirchen, bei Köln.
Der Preis war fair, die Bauausführung und Termintreue tadellos.
Was jetzt noch fehlte war eine Zertifizierung. Das war nicht nur wegen der Versicherung wichtig. Aufgrund von Berechnungen mit dem neuen Kiel, erhielten wir vorab von der Versicherung das OK zum Segeln. Ansonsten hätten wir das Boot eine weitere Saison nicht nutzen können.
Die CE-Zertifizierung wurde durch das “International Marine Certification Institute“ / IMCI in Brüssel durchgeführt. Einige dazu erforderliche Zeichnungen und Berechnungen, den ursprünglichen H995 Entwurf betreffend, wurden uns unentgeltlich von Herrn Arthur Peltzer zur Verfügung gestellt.
Am 16.09.2014 hatten wir endlich das „Certificate of Conformity“ für eine Hechtschip H995-K, unsere Version der H995.
Es war verabredet, dass Herr Arthur Peltzer wenigstens den Teil der Zertifizierungskosten übernimmt, der den Stabilitätsteil betraf.
Aber wir waren nicht wirklich verwundert, dass er auf unsere Rechnung und Mahnung einfach nicht reagierte.
Unser Resümee: Bei Verkaufsverhandlungen, sehr freundlich und entgegenkommend, „alles ist machbar“.
Wenn es um die Lösung von Problemen geht, gilt wohl eher der Wahlspruch „Lieber das Gesicht verlieren als Geld“.
Zu weiteren Details siehe auch "Probleme"
Zusammenfassung:
Positiv:
Negativ: